Degressive Abschreibung und Sofortabschreibung digitaler Wirtschaftsgüter

Die Renaissance der degressiven Abschreibung kann für Unternehmen, die in 2020 nicht in die Verlustzone gerutscht sind, eine Steuerspar-Chance sein. Auch für digitale Wirtschaftsgüter kann die degressive Abschreibung angewandt werden. Die Abschreibungsmöglichkeiten und Ihr Einsatz sind je nach steuerpolitischem Ziel zu beurteilen. Von einem „blinden“ Einsatz der Abschreibungsinstrumente ist jedoch abzuraten, da diese sich negativ auf die Steuersätze der Folgejahre auswirken können.

Renaissance der degressiven Abschrei­bung befristet für Investi­tionen in 2020 und 2021 und Sofort­abschreibung digitaler Wirtschafts­güter ab 2021

1. Anwendungsvoraussetzungen in der Steuerbilanz

Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Jahr 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt werden, können nach § 7 Abs. 2 EStG degressiv abgeschrieben werden. Die befristet wieder eingeführte Abschreibungsmöglichkeit stellt für Unternehmen ein gutes Instrument dar, Gewinnausweise zu mindern und Steuern zu sparen.
Die degressive Abschreibung kann nur für bewegliche Wirtschaftsgüter genutzt werden. Damit können Steuerpflichtige mit Investitionen in Immobilien oder immaterielle Vermögensgegenstände die Steuervorteile dieser Vorschrift nicht nutzen.  Zudem ist die degressive Abschreibung nur zulässig für Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2021 angeschafft oder hergestellt worden sind. Geleistete Anzahlungen sind nicht ausreichend, vielmehr ist die Lieferung bzw. die Fertigstellung notwendig.
Gewährt wird eine degressive Abschreibung von 25 % (höchstens das 2,5-Fache der linearen Abschreibung). Damit führt die degressive Abschreibung nur bei Wirtschaftsgütern, deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer vier Jahre übersteigt, zu einer Aufwandsvorverlagerung.  Wird das Wirtschaftsgut unterjährig angeschafft oder hergestellt, dürfen nur zeitanteilige Abschreibungen vorgenommen werden.

2. Anwendungsvoraussetzungen in der Handelsbilanz

Eine degressive Abschreibung ist in der Handelsbilanz stets zulässig, wenn dadurch der Werteverzehr sachgerecht abgebildet wird. Dies ist in der Praxis aber nur selten der Fall. Das IDW hat sich deshalb in einer Stellungnahme zur degressiven Abschreibung eindeutig dahingehend geäußert, dass die handelsrechtliche Anwendung einer Abschreibung in fallenden Jahresbeträgen ausscheidet, wenn sich der Werteverzehr über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gleichmäßig vollzieht. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass eine handelsbilanzielle Anwendung der geometrisch-degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 2 EStG nicht zulässig ist. Die Wahlrechtsausübung in der Steuerbilanz führt dann zu einem Abweichen von Handels- und Steuerbilanz.

3. Bewertungsstetigkeit in der Handelsbilanz

Der Kaufmann hat nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB Bewertungsmethoden stetig anzuwenden. Eine handelsbilanzielle Anwendung der degressiven Abschreibungsmethode ist danach nur zulässig, wenn zwar bislang die lineare Abschreibungsmethode angewandt wurde, der Wechsel zur degressiven Abschreibungsmethode allerdings dazu beiträgt, dass die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage besser dargestellt wird. Wenn dies der Fall ist, führt dies dazu, dass Neuinvestitionen nach dem 31.12.2021 in der Handelsbilanz degressiv und in der Steuerbilanz zwingend linear abzuschreiben sind.

4. Sofortabschreibung digitaler Wirtschaftsgüter

Die degressive Abschreibung kann grundsätzlich auch auf sog. digitale Wirtschaftsgüter angewandt werden. Für digitale Wirtschaftsgüter hat der Gesetzgeber für Anschaffungen ab 01.01.2021 zugelassen, dass eine Nutzungsdauer von nicht mehr als einem Jahr angesetzt werden darf. Damit kann das digitale Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgeschrieben werden. Die Regelung stellt de facto eine Änderung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nach der allgemeinen AfA-Tabelle dar. Es handelt sich um ein Wahlrecht – eine sachgerechte längere Nutzungsdauer darf ebenfalls gewählt werden.
Das steuerliche Wahlrecht zur Sofortabschreibung ist nach Auffassung des IDW handelsrechtlich grundsätzlich unzulässig.  Die digitalen Wirtschaftsgüter enthalten auch bestimmte immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung), die einer degressiven Abschreibung nicht zugänglich sind.  Kommt es dem Steuerpflichtigen auf größtmögliche Abschreibungen an, so ist die Sofortabschreibung von digitalen Wirtschaftsgütern der degressiven Abschreibung vorzuziehen.
Übrigens können die Restbuchwerte von entsprechenden Wirtschaftsgütern, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde, im Jahr 2021 ebenfalls vollständig abgeschrieben werden. Hier sollte im Jahr 2020 von der Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung abgesehen werden, da das BMF-Schreiben nur auf jene digitalen Wirtschaftsgüter Bezug nimmt, die vor 2021 linear abgeschrieben wurden.

Zum Ende des Jahres 2021 wird sich somit für digitale Wirtschaftsgüter eine erhebliche Gestaltungsmöglichkeit eröffnen. Wenn gegen Ende des Jahres 2021 das Jahresergebnis weitgehend absehbar ist, kann über die Sofortabschreibung der Gewinn noch erheblich gedrückt werden. Bei einer schwachen Ertragslage kann dagegen linear oder degressiv abgeschrieben werden, um eine Gewinnminderung in den Folgejahren zu generieren.

5.  Steuerbilanzpolitik

Die Frage, ob degressiv oder linear sowie ob digitale Wirtschaftsgüter sofort abgeschrieben werden sollen, ist i.R. der Gesamtbetrachtung steuerbilanzpolitischer Ziele zu beantworten. In der Steuerbilanzpolitik gilt die Vorgabe, möglichst Gewinnreihen zu modellieren, die zur Anwendung eines jährlich gleichhohen abgezinsten Grenzsteuersatzes führen. Bleibt der Zinssatz unbeachtlich, so sind in allen Perioden gleich hohe Gewinne anzustreben.  Von einem „blinden“ Einsatz der oben genannten Instrumente ist auf jeden Fall abzuraten. Nicht jede Abwertung ist zielführend. Dadurch können Entlastungen mit viel zu geringen Steuersätzen (gar Null) ebenso die Folge sein, wie der unbedachte Verbrauch von Abwertungspotential, das dann in den Folgeperioden fehlt.
Sprechen Sie uns zum Ende des Jahres gerne auf Ihre Möglichkeiten an.

Sofortabschreibung oder degressive Abschreibung von digitalen Wirtschaftsgütern z.B. im Warehousemanagement sind zu überlegen.