Strafbarkeitsrisiken bei Corona-Soforthilfen und Kurzarbeit

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Hiermit möchten wir Sie nochmals unter Verweis auf unsere Newsletter Nr. 21 vom 02.04.2020 und Nr. 34 vom 04.06.2020 über die strafrechtlichen Risiken einer zu Unrecht erhaltenen Corona-Soforthilfe bzw. bei der Beantragung von Kurzarbeit informieren.

1. Corona-Soforthilfe

Die Soforthilfen wurden als Billigkeitsleistung beruhend auf seriösen Prognosen der Antragsteller in einem vereinfachten Verwaltungsverfahren gewährt. Es handelt sich dabei um kein Förderprogramm, in dem entsprechend den Vorgaben im Bewilligungsbescheid im Nachgang ein Nachweis über die Verwendung der gewährten Mittel vorzulegen ist (Verwendungsnachweis).

Die Bescheide enthalten allerdings die Auflage wesentliche Veränderungen im Vergleich zum prognostizierten Verlauf der Geschäftsentwicklung zu melden und dementsprechend ggf. zu viel gewährte Unterstützungsgelder zurückzuzahlen. Diese Einschätzung ist vom Empfänger selbst und eigenverantwortlich vorzunehmen.

Wir machen nochmals darauf aufmerksam, dass entsprechend den Richtlinien-Bestimmungen das Unternehmen infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie in eine für das Unternehmen existenzgefährdende Wirtschaftslage gekommen sein musste. Ein Verdienst- oder Einnahmeausfall bzw. entgangener Gewinn alleine reichen dafür nicht aus. Voraussetzung ist, dass die pandemiebedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu einem Liquiditätsengpass geführt haben.

Ein Liquiditätsengpass besteht nach der Definition, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb des Antragsstellers nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pacht, Leasingaufwendungen) zu zahlen. Der gesamte Personalaufwand (Gehälter, Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge etc.) darf hierbei nicht einbezogen werden. Sofern das Personal nicht beschäftigt werden kann, muss – sofern möglich – Kurzarbeit angemeldet werden.

Wurden die Voraussetzungen angenommen und haben sich die Annahmen im Nachhinein nicht bestätigt oder wurden bewusst unzutreffende Angaben gemacht oder hat der Antragsteller nicht ausreichende Beweisvorsorge bzgl. des Vorliegens der Voraussetzungen betrieben, läuft er Gefahr wegen Betruges iSd. § 263 StGB oder wegen Subventionsbetruges iSd. § 264 StGB strafrechtlich verfolgt zu werden, sofern die Soforthilfe nicht zurückbezahlt worden ist.

Die empfangenen Corona-Hilfen sind mit der Steuerveranlagung 2020 anzugeben. Darüber hinaus müssen Behörden Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf einen Subventionsbetrug hinweisen, der Staatsanwaltschaft mitteilen. Die Aufdeckung kann bspw. auch in einer Betriebsprüfung geschehen.

Deshalb bitten wir Sie nochmals das Vorliegen der Voraussetzungen für die Corona-Soforthilfe (insbesondere beim Thema Personalkosten) zu prüfen und bei Nichterfüllung die Soforthilfe zurückzuzahlen.

2. Kurzarbeit (vgl. NWB 2020 Seite 1743 gem. Anlage)

Kurzarbeit ist die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mit der Folge einer Lohnkürzung. Als Ausgleich erhält der Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld. Dieses setzt das Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalls mit Entgeltausfall, betriebliche und persönliche Voraussetzungen und die rechtzeitige Anzeige des Arbeitsausfalls bei der Agentur für Arbeit voraus (vgl. §§ 95 ff. Sozialgesetzbuch [SGB] Drittes Buch [III]).

Zur Vermeidung unberechtigter Vorwürfe sollte das Unternehmen für eine zeitnahe und hinreichende Dokumentation der Voraussetzungen des Kurzarbeitergelds sorgen (z. B. durch nachvollziehbare Zeiterfassung der Arbeitnehmer). Arbeitgeber sollten nachweisen können, dass sie noch anfallende Aufgaben im Rahmen ihres Direktionsrechts verteilt haben und dass keine unzulässigen Überstunden geleistet werden.

In der Praxis kommt es immer wieder zur Einleitung von Betrugsstrafverfahren gegen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die einen Arbeitsausfall nur vorgetäuscht haben. Der Arbeitgeber, der im Antrag auf Kurzarbeit wahrheitswidrig dargelegt hat, dass „erhebliche Arbeitsausfälle“ bestehen, hat damit eine Täuschung begangen. Ihm droht also ein Strafverfahren wegen vollendeten oder versuchten Betrugs (§ 263 StGB) und dem Arbeitnehmer ein Strafverfahren wegen Beihilfe hierzu. Nach einer Ansicht soll es sich sogar um einen Subventionsbetrug handeln (§ 264 StGB). In diesem Fall kann bereits Leichtfertigkeit statt Vorsatz für die Strafbarkeit genügen.

Stockt der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld auf, weil tatsächlich Mehrarbeit erbracht wurde, droht den Beteiligten der zusätzliche strafrechtliche Vorwurf der Lohnsteuerhinterziehung (§ 370 AO) oder Beihilfe hierzu. Dem Arbeitgeber kann zusätzlich eine Strafbarkeit wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (sog. Sozialversicherungsbetrug, § 266a StGB) und dem Arbeitnehmer eine Strafbarkeit wegen Einkommensteuerhinterziehung (§ 370 AO) drohen.
Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Hinweis auf den „ansonsten gefährdeten Arbeitsplatz“ unter Druck setzt, an einem Missbrauch des Kurzarbeitergelds mitzuwirken, kann dies als Nötigung (§ 240 StGB) bewertet werden.

Deshalb bitten wir Sie nochmals das Vorliegen der Voraussetzungen für Kurzarbeit zu prüfen. Halten Sie bei Zweifeln gerne auch Rücksprache mit uns bzw. Ihrem Anwalt.

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